In den Sommermonaten finden in unserer ZeitOase traditionell Lese- und Erzählcafés statt. Egal ob Zeit- oder Dankstifter:innen – jede:r bringt Bilder, Geschichten, Gedichte, Erinnerungen oder aktuelle Zeitungsartikel mit. Alle hören gemeinsam zu, diskutieren und tauschen sich aus. Zu diesen Nachmit-tagen erfahren wir Zeitstifter:innen manch neue Episode aus den Biografien unserer Dankstif-ter:innen, die sich in das vielfältige Bild unserer Dorfgeschichte einfügen.
Lese- und Erzählcafé in unserer ZeitOase
Was sie hier geschenkt bekommen: Respekt und Zuhören
Schüler erzählen von ihren Erfahrungen mit den „Alten“ in der Zeit-Oase
Am 21. Juni gab es das erste Mal eine Zeugnisübergabe für Schüler in der ZeitOase. Im Schuljahr 2017/18 besuchten Nico, Leon und Jonas die siebente Klasse und wurden wie ihre MitschülerInnen an der Gemeinschaftsschule „Thomas-Mann“ in Magdeburg durch das neu eingeführte Projekt „Soziales Engagement“ zu 20 Stunden Gemeinschaftsdienst verpflichtet. Am Anfang dachten sie, dass sie da nur ihre zwanzig Stunden irgendwie hinter sich bringen. Weil auf den Fotos, die die Koordinatorin Margitta Diehl mit in der Schule hatte, um die Stiftung vorzustellen, die Menschen irgendwie froh und lebendig aussahen – wie sie selbst beim Erzählen auch - entschieden sie sich, ihren Dienst in der ZeitOase abzuleisten. Unumwunden geben sie zu, dass sie ohne das Projekt nie auf die Idee gekommen wären, sich freiwillig für eine Arbeit mit älteren Menschen zu melden. „Doch dann hat es so viel Spaß gemacht, dass wir gar nicht mehr überlegt haben, wann die zwanzig Stunden vorbei sind, sondern einfach weitergemacht haben.“ Inzwischen ist es mehr als das Doppelte und Dreifache von dem, wozu sie verpflichtet gewesen wären.
Was ist passiert? Die drei erzählen als Erstes, was sie sich ganz anders vorgestellt haben. Es ist nicht so langweilig und ruhig wie sie dachten. Im Garten gibt es viele Spielsachen, die nach getaner Arbeit locken. In der Gruppe von Zeit- und Dank-Stifter:innen in der ZeitOase geht es bei weitem nicht so bedächtig zu wie sie glaubten, sondern „lebendig“. Da gibt es Menschen, die im Rollstuhl sitzen, eingeschränkt in ihrer Bewegung oder im Sprechen sind – anders als ihre noch fitten Großeltern. Dennoch spüren die drei Jungs, dass Frau Z. und Herr G. und all die anderen lebensfrohe Menschen sein können. Inzwischen sind sie ihnen gute Bekannte geworden, die sie sich freuen zweimal in der Woche wiederzusehen. Und sie sehen in ihnen Menschen mit ganz besonderen Fähigkeiten, die die 13-jährigen faszinieren. „Sie wissen so viel von früher und haben so viele Erfahrungen.“ „Und sie sind viel bessere Zuhörer.“ „Ja – bei denen, die so alt wie wir sind, kann niemand so gut zuhören.“ Das wussten sie vor einem Jahr noch nicht, sagen sie.
Was war denn das Schönste oder Lustigste, das ihr hier erlebt habt? Das gemeinsame Backen im Advent fanden alle drei besonders toll. Nicht nur, dass sie sich dafür schulfrei erkämpft hatten und ihre beiden Mitschüler und die Küche ausgelassen mit Mehl und Zuckerperlen bedachten... In Nicos Gesicht spiegelt sich immer noch der versonnene, andächtige Blick, den er bei den Dank-Stifter:innen beobachten konnte, wenn sie mit Hingabe Plätzchen ausstechen. Überhaupt waren der Advent und die Weihnachtszeit für sie voll Überraschungen. In der ZeitOase gab es Geschichten vom Nikolaus und die Sternsinger kamen und segneten das Haus – diesen Brauch kannten sie vorher nicht. Aber das „Allertollste“ ist das Kegeln, schwärmt Jonas „Das ist das Beste, was es gibt. Dann hat man sein schönes Leibchen an, alle sitzen an einem Tisch und ich kann die Kugeln reichen und mit auf die Bahn setzen. Das ist eine so schöne Atmosphäre und das macht wirklich Spaß.“
Was habt ihr hier gelernt: Kaffeekochen und Würstchen heiß machen? – Nein, das konnten sie vorher schon. Eigentlich sind sie sich darin einig, dass die meisten Tätigkeiten, die hier gebraucht werden, nicht erst lange gelernt werden müssen. Nur wurden und werden ihre Fähigkeiten sonst nicht nachgefragt und wirklich gebraucht. Leon erzählt auch von der Hilfsbedürftigkeit der Dank-Stifter:innen, die ihn anrührt. Da tut es gut zu spüren, dass man selbst etwas tun kann. „Wenn es jemand gut erklärt und einem zutraut...“ meint Leon. So konnten sie in diesem Jahr erfahren, was sie schon alles können. Rollstühle schieben beispielsweise. Und mit etwas Stolz berichten sie dann von den Dingen, die sie hier in der ZeitOase das erste Mal machen durften – u.a. Rasen mähen.
Dann wird es kurz still und Jonas meint „Man lernt hier respektvoller und toleranter zu sein.“ Zu den älteren hier? „Zu allen Menschen.“ Wie lernt man denn das: respektvoll zu sein? „Weil einen die Menschen hier auch so behandeln: mit Respekt. Das genießen wir auch ein bisschen, weil der Umgangston unter uns sonst lockerer, aber frecher ist“ (grinst und zwinkert Nico zu). Da wird schnell mal jemand angeschrien oder mit der Faust gesprochen. „Wenn es hier stressige Momente gibt, bleiben alle trotzdem ruhig und niemand brüllt sich an.“ Nico nickt zustimmend. „Unter Gleichaltrigen erleben wir das immer anders.“
Ist es das, was Spaß macht und weswegen ihr gern hierher kommt? „Ja, es ist einfach schön. Die Alten finden uns gut und wir finden sie auch liebenswert.“ „Für mich ist es das Miteinander. Ich komme sonst nicht so oft raus.“ Weil Du am Computer sitzt? „Ja. Aber jetzt habe ich ein Hobby: ich komme Montag und Mittwoch in die ZeitOase.“ Das hört sich an, als wolltest Du weitermachen? „Auf jeden Fall.“ „Ich auch“ „Klar“ stimmen die beiden anderen ein.
Was würdet Ihr denn sagen, was die ZeitOase ist? „Man hilft Rollstühle schieben.“ „Ein Treff, wo es montags und mittwochs um Zusammensein mit älteren Menschen und ums Spielen geht.“ „Ein Ort an dem man schöne, interessante Erfahrungen sammeln kann, Aufgaben bewältigen und offener werden von der Persönlichkeit.“ Danke Jonas, Leon und Nico – schöner lässt es sich kaum sagen.
Sommerfest in unserer ZeitOase
Mit Musik und Tanz, lieben Gästen aus unseren Familien, unserer Bürgermeisterin und vielen Helfern haben wir am 27. Juni unser Sommerfest gefeiert. Es wurde gesungen und getanzt, gelacht und gut gegessen. Für jeden gab es einen wunderschön dekorierten Eisbecher und die Zeitstifter hatten ein aufwendiges Buffet vorbereitet. Mit besonderer Freude und Dankbarkeit sahen alle Zeitstifter, Dank-stifter und Gäste auf die schönen gemeinsamen Erinnerungen, die mit der ZeitOase gemacht worden waren. Beim gemeinsamen „Fototermin“ schauten alle dankbar und mit Demut in die Vergangenheit und hoffnungsvoll in die Zukunft.
Sommerkonzert
„Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah“
„Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah“
Dass das Gute manches Mal sehr nahe liegt und niemand erst in die weite Ferne schweifen muss, um Schönes zu erleben – das wusste schon Goethe, das erweist sich ständig neu. Man sucht sich einfach Gleichgesinnte, trifft logistisch ein paar sinnvolle Vorbereitungen und los geht’s.
Nach solchem Vorbild machten sich Stifter der ZeitOase Torgau auf den Weg die Elbe aufwärts. Mühlberg war das Ziel, das altehrwürdige Zisterzienserinnenkloster Marienstern, das im Jahr 1228 als Ort der Stille gegründet wurde samt seinem wunderschön modern gestalteten Kreuzgang.
Ruhe genießen, Seele baumeln lassen, gute Gespräche führen – dieser Ort lud dazu ein, außerdem trafen wir auf liebenswürdige Gastgeber, die uns herzlich empfingen.
Eine Vorhut unserer Zeitstifter hatte den Mittagstisch vorbereitet, wir brauchten uns nur noch an die fein eingedeckte Tafel setzen.
Vieles bekommt man einfach geschenkt! Denn was unsere Seele nährt sind oft die kleinsten und unscheinbaren Dinge | Momente | Begegnungen.
Beschenkt!
Ja, am Abend dieses Tages fühlten wir uns vielfach beschenkt.
"Offene Tür" in der ZeitOase
Ein Sonntag im Juni! Mitglieder einer Leipziger Kirchengemeinde befanden sich auf einem Ausflug und planten, auf ihrem Weg nach Hause in der Renaissance-Stadt Torgau Halt zu machen, dort neben Sightseeing u.a. gemütlich Kaffee zu trinken. Ein Café hatten sie sich im Vorfeld ausgesucht, kurzfristig jedoch die Absage erhalten. Ein anderes Caféhaus war für die große Gruppe leider nicht verfügbar.
Wohin also mit den müden Knochen, wo würde es Erfrischung und einen Kaffee geben können?
Die ZeitOase Torgau öffnete ihre Tür, eine der Zeitstifterinnen bot sofort für jenen Nachmittag ihre Hilfe an. Kuchen wurden gebacken, Kaffee gekocht, die Tafel einladend gedeckt.
Und was wurde aus diesem Nachmittag „UNVERHOFFT“?
Eine sehr offene Runde mit familiärem Charakter, sehr herzlich die Begegnungen, obwohl wir uns anfangs fremd waren. Die Leipziger ließen sich mit großem Interesse von der Arbeit in der ZeitOase berichten, hatten viele Fragen und waren begeistert davon.